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Offener Brief
Geplante Ansiedlung eines Möbel-Kraft-Hauses in Kiel
01.11.2011 Guten Tag, Herr Kurt Krieger,
DIE LINKE Kiel freut sich, dass Sie Ihr Herz für Kiel entdeckt haben und nun hier gerne, für einen endlichen Zeitraum, Ihre Zelte aufschlagen möchten. Nur allzu verständlich, denn Kiel bietet neben aufgeschlossenen, selbstbewussten Bürgern ja jede Menge Vorzüge: saubere Luft, einen weiten Himmel, das Meer, grüne Gürtel, und eine hervorragende Infrastruktur. Damit dieses alles so erhalten bleiben kann, sollten Gäste bestimmte Grundsätze beherzigen, die wir Ihnen gerne erläutern: Grüngürtel, wie z. B. Kleingartenanlagen, dienen nicht nur der Freizeitbeschäftigung und Erholung einiger Bürger, sondern sind wichtige Bausteine einer ökologisch ausgerichteten Urbanität und haben darüberhinaus eine nicht zu unterschätzende soziale Funktion.
Jene Gartenanlage, die Sie nunmehr zum Aufschlagen Ihrer Zelte ins Auge gefasst haben, geht in ihren Ursprüngen bis ins frühe 19. Jhdt. zurück: 180 Jahre! Wird Ihr Unternehmen so lange existieren? Wohl kaum! Deshalb erwarten wir zumindest, dass die Pächter der jetzigen Anlage von Ihnen fair entschädigt werden. Es ist eben nicht damit getan, nur die Johannisbeerenbüsche zu zählen und mit einem Betrag x abzugelten. Der ideelle Wert ist zwar schwer zu beziffern; stellt jedoch wohl eher den größeren Verlustanteil für die Pächter dar. Sorgen Sie bitte dafür, dass Interessierte einen neuen, gleichwertigen Garten, in Wohnungsnähe, erhalten! Und wie wär’s denn, wenn Sie als Ausgleich dafür, dass Sie Ihren Gastgebern, den Bürgern der Stadt Kiel, die Grünflächen vernichten, beispielsweise 1000 Bäume spendieren?
Es ist erfreulich, dass Sie den Kielern 250 neue Arbeitsplätze versprechen. Viele Mitbürger würden sich sicher freuen, bei Ihnen einen Arbeitsplatz zu erhalten. Aber bitte stellen Sie sicher, dass diese Menschen auch von dem bei Ihnen verdienten Geld vernünftig leben können! Was Kiel nicht braucht, sind Arbeitgeber, die das gute Geschäft mitnehmen, deren Mitarbeiter aber aus staatlichen Töpfen zusätzlich subventioniert werden müssen. Dieses ist leider, das wissen Sie selbst nur zu genau, in Ihrer Branche nicht so unüblich. Schaffen Sie deshalb auskömmlich entlohnte, unbefristete Dauerarbeitsplätze und gönnen Sie sich doch auch mal einen richtigen Betriebsrat!
Der von Ihnen vorgesehene Standort verfügt über hervorragende, verkehrsinfrastrukturelle Anbindungen. Trotzdem bestehen Zweifel, ob nicht, angesichts der von Ihnen prognostizierten Kundenzahlen, Engpässe und Staus in Neben- und Anwohnerstraßen, ja auch in angrenzenden Stadtteilen entstehen werden. Auch die geplante Anzahl an Parkplätzen dürfte wohl eher im unteren Bereich angesiedelt sein, so dass zu befürchten ist, dass Nebenstraßen, zumindest an bestimmten Verkaufstagen, zugeparkt werden.
Ärger und Verdruss bei den betroffenen Wohnanliegern ist so vorprogrammiert. Sorgen Sie, im eigensten Interesse, dafür, dass, in engster Zusammenarbeit mit den städtischen Ämtern und vor Allem natürlich mit den Bürgern, umfassende und allseits zufriedenstellende Lösungen realisiert werden können. Möbel braucht der Mensch wohl. Uns ist jedenfalls kein Haushalt in Kiel bekannt, der nicht über Möbel verfügt. Angesichts sinkender Realeinkommen und stagnierender Kaufkraft in der Region, dürfte der Möbelverkauf aber wohl in nächster Zukunft nicht einfacher werden. Dieses zu beurteilen, obliegt allerdings Ihrer eigenen unternehmerischen Weitsicht. Oder sehen Sie Ihre vornehmste Aufgabe lediglich darin, per Verkaufsflächenmaximierung, Mitbewerber vom Markt zu fegen?
Uns ist aber auch daran gelegen, dass zu den Verlierern eines zunehmend härteren Wettbewerbs nicht jene Menschen gehören, die im ferner chinesischen Perlflussdelta und in anderen Teilen Asiens, unter wohl oftmals schockierenden, sozialen, gesundheitlichen und ökologischen Bedingungen, vielleicht auch Ihre Möbel produzieren. Da wir glauben, dass dieses nicht auch ihrer Intention entspricht, sind wir gespannt darauf, von Ihnen dargelegt zu bekommen, auf welche Weise Sie Ihre Einflüsse, als bundesweit zweitgrößter Möbelverkäufer, geltend machen, um derartige Zustände auszuschließen. Können Sie versichern, dass die von Ihnen vertriebenen Produkte womöglich nicht doch durch Kinderhände produziert werden?
Denken Sie, als kreativer, erfolgreicher Unternehmer, doch einmal darüber nach, in Kiel eine eigene Möbelfabrikation zu starten! Auch hierfür könnten Ihnen natürlich Grundstücke in attraktiver Lage zur Verfügung gestellt werden. Und gut ausgebildete, fleißige Bürger, die dann gerne bei Ihnen, zu auskömmlichen Löhnen, beschäftigt werden würden, gibt’s mit Sicherheit auch. Wären natürlich auch potentielle Kunden!
Gäste, die uns in Kiel an der Ostsee besuchen, sind es gewohnt, für’s Badengehen schon mal Kurtaxe zu bezahlen, weil eben die Pflege, Erneuerung und Instandhaltung kommunaler Einrichtungen ihren Preis hat. Wir wünschen natürlich nicht, dass Sie mit Ihrem Unternehmen baden gehen werden, haben aber auch die Erwartungshaltung an Sie, dass die Bürger der Stadt Kiel von Ihren Gewerbesteuerzahlungen deutlich profitieren werden und Sie die Steuer nicht, wie leider bei anderen namhaften Unternehmen gängige Praxis, innerhalb der Konzernbuchhaltung wegbilanzieren werden. Die Gastfreundschaft der Kieler wird sich auch daran messen lassen. Wenn Sie sich also Ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind und auch dementsprechend handeln werden, dann haben Sie beste Chancen, ein echter Kieler zu werden und wir sagen „Herzlich Willkommen in Kiel MÖBEL KRAFT“!
DIE LINKE