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Neue Bundesregierung:
Emanzipatorische Kämpfe statt „Iron Ladies“
Vorab eine Mitteilung für die W:O:A-Fans (Wacken open Air): dies ist keine Metall-Musik-Ankündigung!
Als „Iron Lady“ - Eiserne Lady - ist die damalige britische Präsidentin Thatcher 1986 in einen Panzer gestiegen und hat sich ablichten lassen. Und sie hat seitdem einige, ebenso schlechte und sich militaristisch darstellende Nachahmerinnen gefunden.
Die aktuelle britische Außenministerin Liz Truss, seit 2019 zugleich auch Ministerin für Frauen und Gleichstellung, wollte da in nichts nachstehen und folgte Thatcher in voller Uniform in den Panzer bei einem Treffen der Außenminister*innen der NATO Anfang Dezember 2021 in Estland. Fotos wurden auch hier gemacht und der Welt demonstriert: „Seht her – ich als Frau Außenministerin, kämpfe auch im Panzer für Old England!“ Vor allen Dingen erklärte sie jedoch von der Kuppel, wie sie der Ukraine helfen wird, gegen einen dort bereits herbeigeredeten baldigen Angriff Russlands.
Seit 2013 haben die deutschen Kriegsministerinnen Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer in den Panzern Platz genommen, sich in der Mitte von Soldat*innen und deren teuer finanzierten Fuhrparks für die Kriege in aller Welt eingesetzt und daran Gefallen gehabt.
Jetzt haben wir mit SPD/Grüne/FDP seit Dezember 2021 die Ampel-Koalition.
Wenige Tage nach ihrem Antritt hat die neue Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD) am 14.12.2021 in Laage dem Luftgeschwader einen Besuch abgestattet. Dorthin „gebeamt“ wurde sie, entgegen den Schwüren der Ampel für mehr Klimapolitik, mit einer Transportmaschine der Bundeswehr in Begleitung zweier Eurofighter-Kampfflugzeuge. Total „geflasht“ sei sie vom Job, diktierte Lambrecht den Medien. Und erklärte auch gleich ihre Position zur nuklearen Teilhabe Deutschlands, die aufgrund der Tornado-Kampfflieger im Rahmen atomarer Rüstung erfragt wurde. Mit dem Blick auf die nukleare Abrüstung meinte sie: „Wenn ich das will, dann muss ich auch Teil dieses Prozesses sein, und das kann ich eben nur sein, wenn ich auch nukleare Teilhabe möglich mache“. Wie sie diesen offensichtlichen Konflikt lösen will, eine Abrüstung durchsetzen will, dazu gab es keine Aussage.
Noch vor Weihnachten erhielten die Bundeswehrsoldat*innen im NATO-Heer in Litauen Besuch von der sozialdemokratischen Verteidigungsministerin Lambrecht. Sie hat sich „militärisches Material“ vorführen lassen und tauchte, wie Liz Truss drei Wochen zuvor, in einen deutschen Schützenpanzer.
Beim nächsten Antrittsevent am 7. Februar in Munster meinte die Kriegsministerin Lambrecht – zu der sie sich in rasanter Geschwindigkeit gewandelt hat - beim Heeresbesuch: „Wir werden herausgefordert an allen Ecken und Enden der Welt.“ und stieg - aus einem Panzer der Lehrbrigade.
Alle diese Bilder scheinen die deutsche (Grüne) Außenministerin Baerbock zu faszinieren – oder zumindest deren mediale Wirkung ist reizvoll. Immerhin geht jedes Foto von Minister*innen in Uniformen um die Welt. Das scheint gesprächsfördernd für eine Außenministerin im Antrittsmodus, die sich für ihre Töchter vor dem Eiffelturm fotogen in Szene setzt, die jede Wiederholung ihrer Reden zwar pointierter ausspricht, dabei jedoch nicht viel Neues sagt, die selbst von ihrem Vorgänger Heiko Maas fast Wortgleich die Textbausteine übernimmt, wenn er als geschäftsführender Bundesaußenminister beim NATO-Außenministertreffen in Riga schon Ende November gen Moskau meinte: „Für jegliche Form von Aggression müsste Russland einen hohen Preis zahlen“.
Auf der Rundreise der Baerbock-Antrittsbesuche ging es nun auch in den Osten. Vor dem Treffen mit dem russischen Amtskollegen in Moskau zog es sie noch in die Ukraine. Hier gab es nicht nur Gespräche. Das Besuchsprogramm der Außenministerin sah auch eine 45-Minuten-Kurzvisite in die umkämpften Gebiete vor. Ausgestattet mit Schuss(tz)weste und „Stahlhelm im Tarnanzug“ wurde sie in die vorderste Front des Kampfes zum Donbass in der Ukraine gefahren. Mit wild-entschlossenem Blick (andere sagen, er sei ängstlich?!) wiederholte sie während der Besichtigung des Gebietes die von Heiko Maas auswendig gelernte Drohung gegen Russland: „Wir sind bereit, für die Sicherheit der Ukraine einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen.“ Wenn es nicht der Medienhype um diese Bilder sind, bleibt es das Geheimnis der Annalena Baerbock, welche Rolle dieser Spaziergang haben soll, statt der von einer Außenministerin erwarteten diplomatischen Gespräche, die über den Austausch von Floskeln hinausgehen.
Im Gegensatz zu den oben genannten „Iron Ladies“ hat es Annalena Baerbock noch nicht in den Panzer geschafft, aber sie ist auf dem besten Weg dorthin. Wie irritierend jedoch die Fotos der Außenministerin mit Stahlhelm und in Begleitung vom im Kampfanzug uniformierter Soldat*innen in der Ukraine auch in den sozialen Medien aufgenommen wurden, zeigten umgehend die Bilder im Internet mit Petra Kelly und ihrem mit Blumen geschmückten Stahlhelm und dagegen das aktuelle Helmfoto von Baerbock. Die Wandlung der GRÜNEN von einer pazifistischen Partei bis heute.
Die Erfahrungen der Friedensbewegungen der frühen 80er-Jahre und die Aktivitäten auch der eigenen grünen Parteimitglieder im Kampf für den Frieden scheinen beerdigt. Damals waren „Frauen für den Frieden“ und die Initiative „Frauen in die Bundeswehr? Wir sagen nein!“ aktiv. Sie sammelten 1981 mehr als 60.000 Unterschriften gegen den Zugang von Frauen zur Bundeswehr.
Die Ziele der Abrüstung und Diplomatie für den Frieden wurden bereits in der ersten Regierungskoalition von der SPD und Bündnis90/DieGrünen und dem Krieg gegen Jugoslawien ad acta gelegt.
Und jetzt treten sie in die Fußstapfen ihrer Vorreiter*innen. Den Umweg von Joschka Fischer, der vom Turnschuh in den Springerstiefel lief, muss Annalena Baerbock nicht nehmen. Sie hat sich bereits von Beginn ihrer Bundestagslaufbahn auf den Ausbau des transatlantischen Bündnisses festgelegt. Das Tempo ist rasant, mit dem nun so kurz nach der Wahl und Regierungsbildung im Dezember 2021 SPD und Grüne, diesmal im Bund mit der FDP, die Drecksarbeit gemacht werden soll. Und im Gegensatz zu der Koalition von 1998 sind es heute die Frauen, die sich in kriegerischen Posen darstellen.
Eine Entwicklung, die zum Widerstand herausfordert.
In emanzipatorischen Kämpfen wie in Rojava haben Frauen in der Regel eine positive Rolle, sie kämpfen für die fortschrittliche Entwicklung der Gesellschaft. In den kapitalistischen Ländern, in denen Militarisierung und Krieg größte Profite bringen, sollen Frauen in den Armeen und militärischen Strukturen die Kriege und Kriegsfolgen den Bevölkerungen „erträglicher“ vermitteln.
Doch Gleichberechtigung wird nicht an der Front und nicht im Kriegsministerium erkämpft.
Wir wollen keine „Iron Ladies“! Emanzipatorische Entwicklung braucht den Frieden!
Bettina Jürgensen, marxistische linke