Sozialistische Zeitung für Kiel
Aktuelle Ausgabe 01. Dezember 2017
Auf der Bonner Klimaschutz-Demo am 4.11. Rund 25.000 Menschen nahmen nach Veranstalterangaben teil. Darunter war auch - wie hier zu sehen - eine Delegation von Umweltschützern aus den vom Klimawandel besonders bedrohten pazifischen Inselstaaten. Siehe Beiträge auf den hinteren Seiten.
Inhaltsverzeichnis
Auf die Straßen Kameraden (100 Jahre Oktoberrevolution)
Kommentar: Billiges Grünland ?
" das Baugesetzbuch kann ich nicht sprengen"
Neues Baugebiet in Kiel-Suchsdorf
Gewerbegebiet zerstört naturnahe Knicklandschaft
Gewerbewahn bedroht Kleingärten und Gedenkstätte
Kreativität im Dienste der Repression
Haupterwerb muss zum Leben reichen
Süßer die Kassen nie klingen - auch zu Heiligabend
Weiter Kohle zu verbrennen wäre verlogen
Menschenkette gegen atomare Bedrohung
Termine
100 Jahre Oktoberrevolution:
Auf die Straße, Kameraden!
01. September 2017 In dem Raum im Kieler Gewerkschaftshaus, in dem im November 1918 der Kieler Arbeiter- und Soldatenrat für einige Monate die Macht inne hatte, würdigte der DGB am 11.11. mit einer Veranstaltung den 100. Jahrestag der Oktoberrevolution. Im rappelvollen Saal lauschten generationsübergreifend über 250 Gewerkschafter_innen dem Philharmonischen Chor der Landeshauptstadt Kiel unter der Leitung von Lam Tran Dinh und der Schauspielerin Agnes Richter. Der 60-köpfige Chor sang Lieder „Poeme auf Texte revolutionärer Dichter“ von Dmitri Schostakowitsch und Agnes Richter trug Texte aus Nikolaj Sucharows „1917. Tagebuch der Russischen Revolution“ vor. Ergänzt wurden dessen Augenzeugenberichte durch zeitgleich erschienene Artikel aus der sozialdemokratischen „Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung“, in der über die russischen Ereignisse berichtet wurde.
Kommentar:
Billiges Grünland?
01. Dezember 2017 Während es an vielen Stellen in Kiel ungenutzte Flächen gibt, wie z.B. auf dem Flughafengelände, auf dem ehemaligen MFG5-Gelände, in den Industriebrachen in Friedrichsort bei Caterpillar, bei der Lindenau-Werft oder z.B. auf dem Marinearsenal in Ellerbek werden immer mehr Grünflächen zerstört und für gewerbliche Nutzung erschlossen. Dazu übernehmen die Städte und Gemeinden hohe Erschließungskosten. So muss die Gemeinde Altenholz z.B. 5 Mio. Euro Erschließungskosten für ein Nettobauland von 7,5 ha zahlen, auch wenn sie dann von Bund und Land noch zusätzlich ca. 2,5 Mio. Fördergelder erhält. Die Gewerbetreibenden bekommen das Bauland zu einem äußerst günstigen Preis, der je nach Lage zwischen 50-70 Euro pro Quadratmeter beträgt.
Ratsversammlung diskutiert Wohnungsbau in Kiel:
"...das Baugesetzbuch kann ich nicht sprengen"
01. Dezember 2017 Über drei Stunden debattierte am 16.11. die Kieler Ratsversammlung über den Wohnungsnotstand in der Landeshauptstadt. Auf die in der Fragestunde von Andreas Meyer (attac) und Jan Dreckmann (Paritätischer) vom Kieler Bündnis "Wir machen Stadt" gestellte Fragen zu Wohnungssituation, Mietpreisen, Wohnungs- und Obdachlosigkeit antworte der für Wohnen zuständige Stadtrat Gerwin Stöcken (SPD):
Neues Baugebiet in Kiel-Suchsdorf:
Naturzerstörung wegen verfehlter Wohnungsbaupolitik
01. Dezember 2017 Weil die Gefahr besteht, dass private Investoren in Suchsdorf-West das Grünland kaufen und damit die Grundstückspreise in die Höhe treiben will jetzt die Stadt Kiel das Areal in Suchsdorf schnell als Entwicklungsgebiet ausweisen, um sich ein Vorkaufsrecht für Gründstücke zu sichern. Im Wohnflächenatlas der Stadt Kiel steht es bereits als „Untersuchungsraum“ und die Nachfrage nach Bauland ist groß. Zwischen Grünen und SPD ist der Streik entbrannt, was aus der Fläche angrenzend an den Nord-Ostsee-Kanal werden soll: Bauland oder Landschaftschutzgebiet?
Fotodokumentation Boelckestraße Nord:
Gewerbegebiet zerstört naturnahe Knicklandschaft
Auf der letzten Kieler Ratsversammlung am 16.11.2017 wurde der Bebauungsplan Nr. 910 für das vorrangig zu schaffende Gewerbegebiet Boelckestraße Nord beschlossen. Das Bebauungsgebiet befindet sich direkt gegenüber der Einfahrt zum Flughafen und neben der Auffahrt zur B 503. Nördlich an das Plangebiet grenzt das Landschaftsschutzgebiet „Zwischen Heischer Tal und Schilkseer Steilküste“, das hier von mit Knicks durchzogenen landwirtschaftlichen Nutzflächen (Grünland, Acker) geprägt wird. Östlich des Plangebietes befindet sich eine große Kleingartenanlage. Im Süden wird das Plangebiet durch die Boelckestraße begrenzt.
Geplantes Gewerbegebiet in Altenholz:
Gewerbewahn bedroht Kleingärten und Gedenkstätte
01. Dezember 2017 Die Gemeinde Altenholz schließt sich dem Planungswahn für neue Gewerbegebiete an. Auf der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses wurde am 14.11.2017 die Erschließung eines neuen Gewerbegebietes „Am Kanal“ beschlossen. Ursprünglich sollten dafür 80.000 Euro im Haushalt zur Verfügung gestellt werden. Da es aber doch Protest und Unklarheiten gab die ehemalige Standortschießanlage der Bundeswehr und die darauf befindliche Gedenkstätte mit einzuplanen, wurden erstmal nur 40.000 Euro bewilligt. Damit soll dann weiter geprüft werden und auf alle Fälle das im Besitz der Gemeinde Altenholz befindliche 3,8 ha große Kleingartengelände beseitigt werden.
Verdrängung der Polizei ungenehmer Personen:
Kreativität im Dienste der Repression
01. Dezember 2017 Björn Thoroe, Mitglied im Polizeibeirat für DIE LINKE, kritisiert die Überlegung von Ordnungsamt und Polizei „dauerhaftes Lagern an einem Ort“ als Sondernutzung einzustufen als „völlig absurd und obrigkeits- staatliches Denken“.
Zahl der Zweitjobber in Kiel auf 7.800 gestiegen:
Haupterwerb muss zum Leben reichen
01. Dezember 2017 Immer mehr Zweitjobber: Rund 7.800 Menschen in Kiel haben neben dem Haupterwerb noch einen Minijob – 49 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Die NGG Schleswig-Holstein Nord beruft sich dabei auf neueste Zahlen der Arbeitsagentur. Besonders verbreitet sind Zweitjobs demnach im Gastgewerbe: 1.070 geringfügig Beschäftigte arbeiten in der Branche in Kiel – zusätzlich zu einer sozialversicherungspflichtigen Stelle. Gegenüber 2007 stieg ihre Zahl um 123 Prozent.
Gewerkschaftsticker
01. Dezember 2017 Ritual oder richtige Mobilisierung? Die Tarifrunde der IG Metall startet unter neuen politischen Vorzeichen da die SPD nicht mehr an der Regierung beteiligt ist. Schwarz, Gelb und Grün sondieren Flexibilisierung und werden weitere ArbeitnehmerInnenrechte schleifen Die günstige Konjunktur hat die Profite der Großkonzerne nach oben getrieben; zugleich bedrohen Dieselskandal, Umstrukturierungen und Digitalisierung Arbeitsplätze. Die Forderungen, mit denen die IG Metall in die Tarifrunde gehen will, spiegeln diese widersprüchliche Situation wider. Die wichtigsten lauten: Sechs Prozent mehr Entgelt ,Arbeitszeiten, die zum Leben passen. Darunter ist zu verstehen, dass Beschäftigte ihre Lebensarbeitszeit flexibler planen können sollen, z. B. indem sie zeitweilig auf eine 28-Stunden-Woche wechseln und dann auf ihr „Normalarbeitsverhältnis“ zurückkehren dürfen, sowie Entgeltzuschuss für Familie und Gesundheit. (hg)
IG Metall vor Tarifkampf:
Mehr Geld und mehr Zeit
01. Dezember 2017 Die IG Metall Küste will mit einer Forderung nach sechs Prozent mehr Geld in die Tarifrunde für die 140.000 Beschäftigten der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie gehen. Außerdem fordert die Gewerkschaft einen Anspruch zur zeitweisen Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden. Beschäftigte in Schichtarbeit oder anderen besonders belastenden Arbeitszeitmodellen sowie Arbeitnehmer, die Kinder unter 14 Jahren betreuen oder Angehörige pflegen, sollen währenddessen einen Zuschuss bekommen. Vor allem für die Bezieher niedriger Einkommen soll es einen finanziellen Ausgleich geben, damit die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf keine Frage des Einkommens ist.
Süßer die Kassen nie klingeln – auch zu Heiligabend
01. Dezember 2017 Heiligabend fällt in diesem Jahr auf einen Sonntag. Supermärkte und Bäckereien dürften wegen der Sonntagsöffnungszeiten trotzdem zeitlich befristet öffnen. Die Gewerkschaft ver.di findet das zynisch und ruft Kunden zu einem Einkaufsverzicht auf. "Die Einzelhandelsbeschäftigten wollen sich wie jeder andere auf das Weihnachtsfest vorbereiten und gemeinsam mit ihren Familien feiern.
UN-Klimakonferenz in Bonn zu Ende:
„Weiter Kohle zu verbrennen wäre verlogen“
01. Dezember 2017 Von 6. bis zum 17.11. hat in Bonn – begleitet von zahlreichen Protesten, die vor allem den Ausstieg aus der Kohle forderten – die diesjährige UN-Klimakonferenz getagt. Unter dem Vorsitz des Inselstaates Fidschi hatten die Vertreter von 168 Staaten sowie der EU zwei Wochen lang über die Ausführungsbestimmungen des Pariser Klimavertrages verhandelt. Das völkerrechtlich relativ unverbindliche Übereinkommen war 2015 in der französischen Hauptstadt verabschiedet worden und soll auf der nächstjährigen UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowice erstmalig verschärft werden. Dafür fehlt es aber bisher noch an den konkreten Regeln, für die in Bonn zumindest ein Entwurf heraus gekommen ist. Dieser soll nun bis zum nächsten Herbst zur Unterschriftsreife gebracht werden.
Klimakonferenz in Bonn:
Kohleausstieg steht auf der Tagesordnung
01. Dezember 2017 In der ersten Novemberhälfte tagte die diesjährige UN-Klimakonferenz in Bonn. Zum Auftakt demonstrierten 25.000 Menschen in der alten Bundeshauptstadt für den Ausstieg aus der Kohle. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung und andere hatte eine Art Gegenkongress veranstaltet. Es folgten weitere Demos in Bonn und vor allem Aktionen zivilen Ungehorsams im nahegelegenen rheinischen Braunkohlerevier, die die Kampagne „Ende Gelände“ organisiert hat. An ihr nahmen mehrere Tausend Menschen teil, was eine weitere Steigerung gegenüber ähnlichen Aktionen bedeutet, die bereits im Sommer und in den vorhergehenden Jahren stattgefunden haben. Wie bei der Demo war auch dort die Teilnehmerschaft sehr international. Insbesondere waren viele jungen Leute aus den Nachbarländern zu den Protesten angereist. Wir befragten Alexis Passadakis von der bundesweiten Arbeitsgruppe Energie, Klima, Umwelt des globalisierungskritischen Netzwerks Attac zu seinen Eindrücken und zu seiner Bilanz. (wop)
Menschenkette gegen atomare Bedrohung
01. Dezember 2017 Mit Fahnen und Transparenten reihten sich rund 700 Demonstrantinnen und Demonstranten in eine ein Kilometer lange Menschenkette zwischen den Botschaften der USA und Nordkoreas ein. Es war ein vielfältiger und kreativer Protest am Samstag, dem 18.11.2017, der dort in Berlin zu sehen war. Organisiert wurde diese Aktion unter anderem von der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) sowie IPPNW (Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges) und der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK). Weitere Friedens-, Umwelt- und Entwicklungs- hilfeorganisationen unterstützten den friedlichen Protest.
Kampagne gestartet:
"Abrüsten statt aufrüsten"
01. Dezember 2017 Am 13.11. haben die Außen- und Verteidigungsminister von 23 der 28 EU-Staaten mitgeteilt, eine Militärunion zu gründen. "Ein großer Tag für Europa", sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Brüssel dazu. Ein großer Tag vor allem für die Rüstungsindustrie. Denn jeder EU-Staat, der sich an der Militärunion beteiligen will, muss sich verpflichten, die nationalen Rüstungsausgaben regelmäßig zu steigern.
Eine kleine Nachrichten und Twittersynopse:
Das Allerletzte
Unverhältnismäßig und eskalierend: @Polizei_NRW_AC setzt Pfefferspray gegen sitzende friedliche Aktivist*innen ein #endegelaende
01. Dezember 2017 G20 in Hamburg – Lügen, Exempel und geschwärzte Akten. Das Hick-Hack um den G20-Gipfel in Hamburg ist noch lange nicht zu Ende. Die Innenbehörde räumt ein, dass sich ihre Darstellung der G20-Krawalle in wesentlichen Punkten nicht beweisen lasse. Jan van Aken fühlt sich bestätigt. „Wir haben das Gleiche erlebt wie beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm“, sagte der einstige linke Bundestagsabgeordnete aus Hamburg, der die Proteste gegen den G20-Gipfel Anfang Juli organisieren half. „Zuerst wurde gelogen. Und dann stellte sich heraus, dass es gar nicht so war.“ Van Aken bezieht sich auf die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Christiane Schneider. Darin räumte die Hamburger Innenbehörde ein, dass sich ihre Darstellung der G20-Krawalle in wesentlichen Punkten nicht beweisen lasse. So gebe es keine Belege für die Behauptung, dass sich Gewalttäter auf Dächern in der Straße Schulterblatt versammelt hätten, um die Polizei mit Steinen, Gehwegplatten, Eisenstangen und Molotowcocktails zu bewerfen.Quelle: Frankfurter Rundschau
Termine
Fr., 01.12., 14 Uhr, „Pestizideinsatz reduzieren – Was ist zu tun im Echten Norden?“ Agrarpolitische Tagung. Veranstalter: NaturFreunde Schleswig-Holstein und das Pestizid-Aktionsnetzwerk (PAN Germany)
Di., 12.12., 19 Uhr, Kiel, Legienstr. 22, Garbesaal: Wie spannend ist Gewerkschaft? Was haben Selbstständige von ver.di? ver.di und die in ihr organisierten Selbstständigen stellen sich neuen Aufgaben. Wie wirken sich Mikro- und Makroaufträgeim Zusammenhang mit der Digitalisierung auf Arbeitsbedingungen und die soziale Absicherung aus? Welche Rolle spielt die Gewerkschaft als Dienstleister für gerechte und sozialverträgliche Existenzmodelle? Wir wollen informieren, diskutieren und auch darüber sprechen, wie wichtig es ist, analoge Netzwerke und Austauschmöglichkeiten zu schaffen. Referat: Tina Fritsche, Journalistin Moderation: Uwe Stahl, Mediengestalter, Sprecher der ver.di-Selbstständigen in Kiel. Anschließend gemeinsamer Jahresausklang mit dem Ortsverein Medien
Mi., 13.12., 19 Uhr, Pumpe, Haßstr. 22: Attac-PlenumTermine